Kognitive Kompetenzen

Freies Spiel als zentraler Erfahrungsraum

Spielen und Lernen gehen Hand in Hand. Beim Spielen gehen Kinder einer Sache nicht nur mit Spaß und Konzentration nach und entwickeln dabei Ausdauer, Durchhaltevermögen, Eigeninitiative und Phantasie. Sie untersuchen zudem erfinderisch und kreativ Materialien und Phänomene in ihrem Umfeld und machen dabei wertvolle Erfahrungen hinsichtlich ihrer Eigenschaften. So gesehen ermöglicht Spielen auch suchend-forschendes bzw. heuristisches Lernen.

Das spielende Kind folgt dabei seinen Interessen, seinem Nachahmungstrieb, seinen emotionalen Bedürfnissen und seinem Bewegungsdrang. In spielerischer Auseinandersetzung mit der Umwelt entfaltet es seine Fähigkeiten, erwirbt neue Fertigkeiten und lernt gleichzeitig seine Stärken und seine Grenzen kennen. Im Umgang mit Spielpartnern gewinnt es soziale Reife und entwickelt Lebenstüchtigkeit.

Deshalb legen wir  in der Lern- und Spielwerkstatt besonderen Wert auf das freie Spiel. Die Kinder haben in diversen Freispielzeiten drinnen und draußen reichlich Raum und Zeit spontanen Spiel- und Forschungsbedürfnissen nachzugehen. Dabei suchen sie sich ihr Lern- und Spielmaterial und ihre Spielpartner selbst aus und bestimmen selbst über Ziel, Verlauf und Dauer des jeweiligen Spieles.

Sprachkompetenz, Literacy, Musikalität, Rhythmik

Denken und Sprechen sind eng miteinander verbunden. Nur mit der Sprache können wir Gedachtes ausdrücken, unsere Gefühle zum Ausdruck bringen, allen Dingen in der Welt einen Namen geben und miteinander ins Gespräch kommen. Kinder lernen nur in einer sprechenden Umgebung sprechen. Dabei kommt es in erster Linie auf das Beziehungsverhältnis zwischen Sprechendem und Hörendem an: Das seelisch warme Verhältnis zwischen Kind und Erwachsenem bildet den Nährboden für eine gute und differenzierte Sprechweise.

Wann Kinder zu sprechen beginnen, ist individuell unterschiedlich. Alle aber brauchen gute sprachliche Vorbilder im Erwachsenen, um in die Sprache buchstäblich hineinzuwachsen. Medien sind kein Ersatz dafür. Eine deutliche, bildhafte Sprache, Lieder, schöne, ansprechende Bilderbücher, Handgestenspiele, Reime, fach- und sachgerechtes Benennen von Gegenständen, tägliches Erzählen und Vorlesen von sinnvollen Geschichten, Märchen u.a., aber auch Kinder Aussprechen lassen, Zeit zum Zuhören nehmen entwickelt die Sprachkompetenz und die spätere Lesefreude und Lesefähigkeit (Literacy).

In der Lern- und Spielwerkstatt singen wir im Tageslauf immer wieder jahreszeitlich passende Lieder und begleiten viele Tätigkeiten mit rhythmisch ansprechenden Sprüchen. Auch wechselnde Tagesabschnitte werden mit bekannten Liedern oder Versen eingeleitet und begleitet.

Nach dem ersten Freispiel treffen wir uns zum Morgenkreis, erzählen einander diverse Erlebnisse und/oder machen miteinander Handgesten- und Fingerspiele. Im anschließenden gemeinsamen Reigen verknüpfen wir Lieder und Reime zu einer in den Jahreslauf eingebundenen Geschichte mit Bewegung und darstellenden Gesten. Ein weiteres wichtiges Element für die Sprachentwicklung bilden die täglich, meist im Abschlusskreis, erzählten oder vorgelesenen Märchen und Geschichten. Die Wiederholung selbiger über einen längeren Zeitraum und das rhythmische Sprechen ermöglichen den Kindern einzutauchen in die Geschichten und sich darin auszukennen. Des Weiteren haben Puppen- und Schoßpuppenspiele ihren festen Platz im Jahreslauf. Beim Krippen- und Schulkinderabschlussspiel schlüpfen die größeren Kinder über längere Zeit in verschiedene Rollen, die sie auch sprechend und singend ausfüllen.

Wir verfügen auch über eine gemütliche Bücher- und Vorleseecke, in der wir mit den Kindern gemeinsam „schmökern“.

Wir bemühen uns täglich aufs Neue um eine klare, liebevolle und bildhafte Sprechweise, die der jeweiligen Altersstufe angemessen ist. Das alles fördert die Sprachkompetenz und die Freude am Sprechen und Kommunizieren sowie die spätere Lesefreude

Mathematik und Naturwissenschaft

Wir verlangen unseren Kindern bewusst keine einseitig abstrakten analytischen Denkübungen ab – um sie quasi durch Vorwegnahme schulischer Inhalte auf die Schule vorzubereiten – sondern schaffen durch gezielte erfahrungsbasierte Sinnesschulung, durch gezielten Erwerb handwerklicher Fertigkeiten wie z.B. Weben, Fingerhäkeln, Nähen und Sticken, durch ganzheitliches Denken und eine bildhafte Sprache die physischen Voraussetzungen für spätere analytische Fähigkeiten, wie sie z.B. in der Mathematik oder in der Sprachlehre gebraucht werden.

Keine Pflanze ist in der Lage, aus dem Keim eine Frucht zu bilden – sie alle nehmen den Umweg über Stängel, Blatt, Knospe und Blüte, als wüssten sie, dass das eine sich aus dem anderen entfaltet, dass alles dazugehört und zur rechten Zeit in Erscheinung tritt. Auch Menschenkinder brauchen ausreichend  Zeit, um ihre Fähigkeiten Schritt für Schritt entfalten zu können, nichts kann übersprungen werden, nichts sollte zu früh vorweggenommen werden, weil sonst grundlegende Fähigkeiten nicht ausreifen können – was sich negativ auf spätere Lernschritte auswirkt.

Dass die altersgemäßen Entwicklungsprozesse sich voll entfalten können, ist deshalb eines unserer zentralen Anliegen in der Lern- und Spielwerkstatt – besonders im Hinblick auf den Erwerb naturwissenschaftlicher Fähigkeiten. Denn auch das mathematische und naturwissenschaftliche Verständnis wird in einem ersten Schritt über die unmittelbare Körpererfahrung veranlagt und aufgebaut. Polare Qualitäten wie groß – klein, nass – trocken, viel – wenig, hell – dunkel, warm – kalt, schnell – langsam erfährt das junge Kind am eigenen Leib. Farben, Formen und unterschiedliche physikalische Qualitäten entdeckt es auf Schritt und Tritt in seiner Umgebung.

Dass Kinder im Kindergartenalter räumliche Bezüge korrekt herstellen können, wie oben – unten, hinten – vorne, drinnen – draußen, und später auch links – rechts, verdanken sie einem gut ausgebildeten Eigenbewegungssinn, dass sie sich später sicher in Zahlenräumen und Buchstaben- und Wortbezügen bewegen können, ohne schwindlig zu werden oder die Orientierung zu verlieren, schulden sie auch einem intakten Gleichgewichtssinn – beides Sinne, die z.B. durch Ball-Fangspiele aller Art geschult werden.

Deswegen haben wir in der Lern- und Spielwerkstatt neben Zählen, Sortieren, Abwiegen, Ordnen und Zuordnen in sinnvollen Zusammenhängen bei lebensnahen Tätigkeiten wie Tischdecken, Backen und Kochen, bei handwerklichen Tätigkeiten und Ballspielen, aber auch bei eigenständigen Forschungen des Kindes wie z.B. beim heuristischen Spiel, immer auch die beteiligten Sinne im Blick.